Als Initiative „Sturm braucht eine Heimat“ begrüßen wir die aktuellen Vorstöße der Stadtkoalition zur längst überfälligen Lösung der Stadionfrage. Natürlich ist zu befürchten, dass noch einiges Wasser die Mur runterrinnen wird, bis Liebenau gänzlich in schwarz-weißer Hand ist. Dennoch ist das klare Bekenntnis zur 2-Stadien-Lösung inklusive konkreter Standortsuche der größte Schritt nach vorne, seit wir 2019 diese Initiative ins Leben gerufen und das Thema aufs politische Parkett gebracht haben.

Dass ein so folgenreicher Schritt auch Gegenstimmen und Zwischenrufe nach sich zieht, war zu erwarten. Auffällig ist für uns dabei aber, dass in der öffentlichen Debatte – sei es in Zeitungsberichten und -kommentaren, sei es in Online-Diskussionen oder Aussendungen – einige wesentliche Punkte untergehen. Daher an dieser Stelle vier Einwürfe zur Stadiondiskussion, die man ansonsten nicht so oft hört:

1.) Das Verlustgeschäft „Stadion Liebenau“

Aktuell ist das Stadion Liebenau für die Stadt Graz ein Verlustgeschäft. Obwohl Sturm und GAK hohe Mieten zahlen, sind die Kosten für Betrieb und Instandhaltung des Liebenauer Stadions bei weitem nicht gedeckt. Könnte Sturm das Stadion übernehmen und selbst vermarkten, würde sich die Stadt langfristig Geld sparen, das sowohl in ein zweites Stadion, als auch in den Breitensport investiert werden könnte.

2.) Sturm die „Forderer“

Sturm ist nicht nur „Forderer“: Der Verein zahlt jährlich Steuern und Abgaben im höheren einstelligen Millionenbereich. Darüber hinaus schafft er Arbeitsplätze und eine massive Wertschöpfung in der Region, was der öffentlichen Hand weitere Millionen an Steuereinnahmen bringt. Hinzu kommt, dass Sturm weit über Österreichs Grenzen hinaus Werbung für die Stadt macht und durch Jugendarbeit, Frauenakademie und Special-Needs-Team einen nicht bezifferbaren sozialen Mehrwert schafft. Die öffentliche Förderung bewegte sich 2021 hingegen im niedrigen sechsstelligen Bereich. Dazu kommen natürlich noch Sponsoringbeträge von Stadtnahen Betrieben, denen jedoch ein wesentlich höheren Werbewert entgegensteht. Und trotz der Förderungen und des Sponsoring zahlt Sturm mehr ein als sie bekommen.

3.) Die großen Investitionen in den Profifußball

Die Investitionen, die in den letzten Jahren für die Infrastruktur im Profi-Fußball getätigt wurden, waren minimal. Die Erneuerung des Rasens in Liebenau war notwendig, um den Spielbetrieb aufrechterhalten zu können. Die letzten größeren baulichen Adaptionen liegen hingegen sieben Jahre zurück. Die angekündigte Erweiterung des VIP-Clubs, der finanziell größte Brocken der letzten Renovierungsphase, wurde von der früheren Stadtregierung nach hinten verschoben, da man auf sinkende Preise spekulierte, und ist nun angesichts der angespannten Budgetsituation in der Schwebe. Es ist daher zu befürchten, dass das Stadion Liebenau in der kommenden Saison nicht für die Gruppenphase im Europacup zugelassen wird. Derartige Aussagen von Seiten der UEFA wurden recht eindeutig kommuniziert.
Des weiteren wird gerne unterschlagen, dass Sturm jegliche Investition in Messendorf in den letzten Jahren allein getragen hat und keine Unterstützung der Öffentlichen Hand bekam.

4.) Zu wenig Platz für den Profifußball

Wie häufig übersehen wird, hat Graz seit 2022 mit Sturm II eine dritte Mannschaft im Profiliga-Betrieb. Aufgrund der Bundesliga-Statuten, die maximal zwei Vereine in einem Stadion erlauben, ist Sturm II derzeit gezwungen, Heimspiele in Gleisdorf (oder womöglich sogar in Kapfenberg) auszutragen. Dass eine Prüfung aus dem Jahr 2020 keinen Bedarf für ein zweites Stadion ergeben hat, erscheint unter anderem auch vor diesem Hintergrund hinfällig: Eine 2-Stadien-Lösung ist mittlerweile alternativlos, um diesen einer Sportstadt unwürdigen Zustand zu beheben.

Wenn sich an der aktuellen Situation nichts ändert, wird die Konkurrenzfähigkeit des Grazer Profi-Fußballs notwendigerweise leiden. Ein gemeinsames Stadion für zwei Vereine in einer Stadt ist vollkommen aus der Zeit gefallen und nimmt wertvolle Vermarktungsmöglichkeiten. Nicht ohne Grund werden in Rom und Mailand bald zwei große Stadien stehen, ist man in München und Linz inzwischen wieder getrennte Wege gegangen, auch wenn das noch nicht zu allen vermeintlichen Sportexperten durchgedrungen ist.

Wir hoffen, dass diese Argumente in Zukunft stärker in der öffentlichen Debatte Niederschlag finden: Die aktuelle Situation ist nämlich eine Lose-Lose-Situation. Für die Vereine, deren Entwicklungsmöglichkeiten dadurch künstlich gehemmt werden, für die Stadt, die ein defizitäres Stadion mit all seinen Kosten über Jahre hinweg mitschleppen müsste und für den Sport in Graz.

Bezüglich des enttäuschenden Briefes der Präsidenten der drei Sportverbände möchten wir auf unsere Aussendung vom 3.10.2019 verweisen, die jeden der dort genannten Punkte bereits beantwortet. Es ist wohl einmalig in der Steiermark, dass Vertreter von Sportverbänden öffentlich gegen die Schaffung von neuer Sportinfrastruktur auftreten, noch dazu mit falschen und zweifelhaften Argumenten, und dabei auch noch ihren eigenen Mitgliedsvereinen in den Rücken fallen.