Gekaufter Journalismus oder Unwissenheit?
So mancher wird sich jetzt vollkommen zurecht fragen, ob wir denn keine anderen Sorgen in dieser Zeit hätten, als uns Gedanken um das Stadion eines Fußballvereines zu machen. Kürzlich erschienene Jubelartikel über die Grazer Stadtpolitik dürfen allerdings nicht unwidersprochen im Raum stehen gelassen werden. Ansonsten würden hier aus Halb- und Unwahrheiten Fakten, die nach Ende der aktuellen Krise die weitere Diskussion rund um den SK Sturm bestimmten.
Aber was ist es nun, das uns zu dieser Stellungnahme zwingt?
Zum einen war in einer steirischen Tageszeitung kürzlich zu lesen, dass die Stadt Graz dem SK Sturm Mieten im Stadion für die nächsten drei Monate in sechsstelliger Höhe erlasse. Ein vornehmer Zug der Stadtverwaltung, würde man meinen – vorausgesetzt, das entspräche der Wahrheit. Fakt ist hingegen, dass dem SK Sturm lediglich Mieten in Höhe von 90 Euro pro Monat erlassen wurden. Wir reden von nicht einmal 300 Euro gesamt. Wie aber kommt man nun auf diese sechsstellige Summe? Eine Lüge der Stadtpolitik? Natürlich nicht, gibt es ja tatsächlich einen Mieterlass für das Stadion und eine Sportstätte im Norden von Graz in dieser Dimension. Die Nutznießer dieses Erlasses sind allerdings die 99ers und der GAK. Warum Sturm so prominent in den Medien genannt wird, obwohl Sturm gerade mal 300 Euro erlassen werden, möge jeder für sich selbst interpretieren.
Zum anderen ist heute in einem lokalen Gratisblatt unter der Überschrift „Neuer VIP-Club für Sturm gratis“ davon zu lesen, dass die Stadt Kosten in Höhe von 3,5 Millionen Euro für den Bau des VIP-Klubs übernehme. Es wird im Artikel fälschlicherweise der Eindruck erweckt, dass Sturm den VIP-Klub ausbauen wollte und nun freundlicherweise dies durch die Stadt übernommen werde, um Sturm finanziell zu entlasten. Als ob es die Aufgabe von Sturm wäre, aus Eigenmitteln eine Erweiterung des VIP-Klubs zu finanzieren. Nur zur Erinnerung, Sturm ist aktuell Mieter des Stadions, nicht Eigentümer!
Handelt es sich hier also um eine Lüge? Ja, eindeutig! Das Angebot, den VIP-Klub-Umbau auf eigene Kosten zu finanzieren stand zwar tatsächlich im Raum, aber nur unter der Voraussetzung, dass Sturm auch Pächter des Stadions wird. Natürlich war nie angedacht, Eigenmittel von Sturm in ein Stadion zu investieren, in welchem man nur Mieter ist und theoretisch jederzeit gekündigt werden könnte. Es käme ja auch niemand auf die Idee, die Kosten für den Umbau einer Mietwohnung dem Mieter umzuhängen.
Das Problem
Die Stadt geriert sich über die Medien in ihrem Einflussbereich als großer Gönner des SK Sturm. In Wahrheit bekommt Sturm aber, wie so oft, fast nichts. Im Gegenteil gibt es bis heute keinerlei Bestätigung seitens der Stadt, dass Sturm etwaige Strafzahlungen in Höhe von 50.000 Euro erlassen werden, sollten die noch ausstehenden Spiele nicht bis Ende Mai im Stadion Liebenau ausgetragen werden. Sturm hat eine Klausel im Mietvertrag, die den Verein verpflichtet, eine gewisse Anzahl von Spielen im Stadion Liebenau auszutragen. Für jedes nicht gespielte Spiel wird eine Strafzahlung von 10.000 Euro fällig.
All diese Fakten, die doch ein differenziertes Bild ergeben, ignorieren Teile des lokalen Journalismus geflissentlich. Man spielt hier entweder ungeniert mit, stehen doch Inserate der öffentlichen Hand am Spiel, oder man übernimmt aus Unwissenheit heraus die halb- oder unwahren Jubelmeldungen der Pressestelle der Stadt. Beide Szenarien sind bedenklich und es stellt sich die Frage, ob die handelnden Personen keinerlei Berufsethos besitzen.